In Kooperation mit Short Waves und mit freundlicher Unterstützung des Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds, der Landesdirektion Sachsen, der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit und der Pastamanufaktur.

Regionaler Fokus 2:

 

2019 starteten der Filmverband Sachsen und die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden das Programm „Sicherung des audiovisuellen Erbes in Sachsen“. Im ersten Programmjahr wurden mit Partner-einrichtungen 530 Filme, Videos und Tonbänder digitalisiert und zugänglich gemacht. Viele öffentliche und private Sammlungen in Sachsen verfügen nur über kleine, aber für das Land bedeutungsvolle Filmbestände.

Filme zu Stadtjubiläen wie zur 450-Jahr-Feier im erzgebirgischen Marienberg sind im regionalen Filmerbe weit verbreitet, setzen aber mit ihrer individuellen Art der Dokumentation besondere Akzente. Sie fangen die offiziellen Paraden des lokalen Selbstverständnisses in ihrer Zeit ein und zugleich die privaten Blicke der Menschen auf das Geschehen in ihrer Stadt. Diese Ambivalenz findet sich in frühen Werbefilmen wieder. 1926 präsentierte der Konditor Haussmann in Borna seine Backstube als technisch modern und sein „Konzertkaffeehaus“ als Institution des bürgerlichen Lebens. Medial noch unerfahren, wirken die Mitarbeiter*innen in dieser Werbefilm-Inszenierung authentisch. Im Gegensatz dazu verblieben Fernsehspots der 1960er für Odol-Produkte nur wenige Sekunden für eine zeichenhafte, schlagwortartige Vermittlung zwischen Zahnpflege und Zeitgeist. Zur gleichen Zeit und schablonenhaft informierten Radioarztvorträge in der DDR über Ischias und „Halbstarke“ – medizinische Aufklärung mit gesellschaftspolitischem Auftrag.

Die Spanne zwischen „arrangiert“ und „gelebt“ wird kaum deutlicher als in Filmen über die Minorität der Sorb*innen. Ein offizieller Filmbericht von 1956 vermittelt ungewollt den Eindruck der Entfremdung von der Tradition: Drei junge Frauen in Trachten wirken in der sorbischen „Hauptstadt“ Bautzen eher ungewohnt unter den Passant*innen. Eine rein ethnologische Dokumentation offenbart hingegen ein fast zärtliches Verhältnis zu den eigenen sorbischen Wurzeln.

Zur Formung des Selbst gehört ebenso der Blick nach draußen. Als Kulturexportschlager war die Staatskapelle Dresden zu DDR-Zeiten mit Auslandsreisen privilegiert. Der Kapellmeister Alfred Schindler brachte auf 8mm-Film der Familie und Bekannten die Welt nach Hause. Es ist der Blick eines DDR-Bürgers hinter die Mauer auf Sehenswürdigkeiten, Konsumwelt und Frivoles in Paris, London, Tokio.

Eine wertvolle sächsische Besonderheit sind die Archive hiesiger Lokalfernsehsender, die es seit 1990 gibt. Mit fast täglichen Sendebeiträgen von Menschen vor Ort ist eine fast lückenlose Videodokumentation der jüngsten sächsischen Geschichte entstanden. Dresden Fernsehen erfüllte mit seiner unmittelbaren Nähe zur Landespolitik hierbei eine besondere Rolle.

 

André Eckard