26. Oktober 2020 // Filmverband Sachsen e. V.
Der Filmverband als Preisstifter*in

Foto: Susann Jehnichen
Mit der Vergabe von Preisen im Rahmen der sächsischen Filmfestivals zeichnete der Filmverband auch in diesem Jahr wieder besondere filmische Leistungen aus.
32. Filmfest Dresden
Im Nationalen Wettbewerb des Filmfest Dresden erhielt Steffen Goldkamp für seinen Dokumentarfilm „Nach zwei Stunden waren zehn Minuten vergangen“ (2019) den mit 3.000 Euro dotierten Goldenen Reiter Kurzspielfilm. Der Film handelt von jugendlichen Häftlingen und schwer werdenden Körpern in verordneten Räumen – Zeit wird zur Strafe.
Die Jury aus Nikita Diakur (Regisseur und Produzent), Hannes Schilling (Regisseur) und Gabriele Brunnenmeyer (Drehbuch-Mentorin, Projektberaterin und Pitching-Coach) begründete ihre Entscheidung mit den Worten:
„Präzise Beobachtungen mit fotografischer Qualität zeigen einen Alltag der im öffentlichen Raum unsichtbar bleibt. Durch bewusste Auslassungen im Bild findet der Film eine adäquate Form für sein Thema. Die Protagonisten behalten ihre Würde und werden nicht ausgestellt. Die Zuschauer können sinnlich erfahren wie Lebenszeit zur Strafe wird.“ (Auszug aus Laudatio)
Steffen Goldkamp bedankte sich per Videobotschaft für die Auszeichnung:
17. Mitteldeutsches Kurzfilmfestival KURZSUECHTIG
Bereits seit 2010 vergibt der Filmverband beim KURZSUECHTIG den mit 500 Euro dotierten Nachwuchspreis an Filmemacher*innen, die nicht mehr als drei Kurzfilme produziert haben. In diesem Jahr ging der Preis an „eadem cutis: dieselbe haut“ (2019), der Regisseurin Nina Hopf. In dieser experimentellen Dokumentation spricht John, der Zwillingsbruder der Filmemacherin und teilt seine Gedanken zu Identität, Körper und Geschlecht. Er gewährt den Zuschauer*innen dabei einen ganz intimen Einblick in sein Leben – und eine unmittelbare Nähe zu seinem Körper.
Nina Hopf bedankte sich für den Preis mit den Worten: „Ein großes Danke an den Filmverband Sachsen für den Nachwuchspreis! Ich habe mich super gefreut und Sprünge gemacht, als ich davon erfahren habe. Der erste Anruf ging dann auch direkt an meinen Bruder, ohne den dieser Film nie zustande gekommen wäre. Ich möchte mich auch noch beim kurzsuechtig-Team bedanken! Das war mein erstes Mal Kino, seit Beginn der Corona-Pandemie und es war einfach wundervoll!“
Neiße Film Festival
Geschichten, die Ländergrenzen überschreiten, würdigt der Filmverband beim Neiße Film Festival mit einem Spezialpreis, der in diesem Jahr an keinen fertigen Film ging, sondern für eine Projektidee vergeben wurde. Patrick Weißig erhielt für seinen geplanten Dokumentarfilm „Pan Müller – hier geblieben!“, das Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro.
Der Film beschäftigt sich mit der Lebensgeschichte von Jan Müller. Er wurde 1936 in Georgswalde, heute Jirikov (CZ) geboren, im Schluckenauer Zipfel. Bis zu Ende des zweiten Weltkrieges war das Gebiet beinahe vollständig von Deutschböhmen bewohnt. Als Folge des zweiten Weltkrieges wurden nahezu alle Deutschen aus den Gebieten vertrieben. Jan Müller und seine Familie, hatten jedoch den „Befehl“ die Region nicht zu verlassen, da sein Vater als „unentbehrlicher Facharbeiter“ gezählt wurde. Fortan blieb der damals junge Schüler Jan Müller in Jirikov. Er beendete die Schule, absolvierte eine Lehre als Elektriker und engagierte sich öffentlich in mehreren Bereichen wie Stadtverwaltung, Vertriebenverbund und Kirche. Jan Müller erlebte die Veränderungen einer Region hautnah. Eine Veränderung welche bis ins Heute, ano 2021, wirkt.
SCHLINGEL – Internationales Filmfestival für Kinder und junges Publikum
„2020, das SCHLINGEL feierte sein 25. Jubiläum und alles war anders …
Kaum internationale Gäste, ein Viertel unserer Jury saß in Berlin fest, im Kino kaum Publikum. Doch das Schlingel-Team hat das Beste aus der Situation gemacht und so hatten wir trotz allem eine spannende und inspirierende Zeit in Chemnitz“, berichtet Viola Lippmann (Illustratorin und Kinderfilmemacherin aus Dresden), die für den Filmverband in diesem Jahr in der Fachjury Kurz- und Animationsfilm saß.
Den Kurzfilmpreis Spielfilm National – dotiert mit 500 Euro – vergab die Jury, der außerdem noch Dr. Till Grahl (wissenschaftlich-künstlerischer Leiter des DIAF), Karsten Matern (Vorstand AG Animationsfilm) und Ines Wolter (Chemnitzer Filmwerkstatt) angehörten, an den Film „An Anna“ (D, 2020) von Denise Riedmayr und zwar mit folgender Begründung:
„Jung sein auf dem Land, Sommerferien, im Freibad abhängen, saufen, Party machen sind bei allen in diesem Alter die dringendsten Fragen: Wer mit wem und natürlich, ob man es schon mal miteinander gemacht hat. Es gar nicht zu wollen ist dabei eigentlich keine Option. Über den Beginn der Bestimmung der sexuellen Identität einer jungen Frau und die damit verbundenen Konflikte in ihrer eingeschworenen Freundesclique erzählt Denise Riedmayr unterstützt von einem hervorragendem Ensemble junger Schauspieler souverän und mit geradezu erstaunlicher Glaubwürdigkeit in ihrem Film AN ANNA dem diesjährigen Preisträger im Wettbewerb um den besten nationalen Kurzfilm.“
„Cola oder Limo“ (D, 2020) von Anna Lena Höhne erhielt eine lobende Erwähnung in der Kategorie.


Der ebenfalls mit 500 Euro dotierten Kurzfilmpreis Spielfilm International ging an den Film „Pussy Boo“ (F, 2020) von Remi Parisse, den die Jury in ihrer Begründung wie folgt beschrieb:
„Verschiedene Generationen – verschiedene Werte, Ansichten und Träume. Kinder, Enkelkinder werden erwachsen und entdecken Dinge für sich, die bei Eltern und Großeltern oft auf Unverständnis stoßen. Doch wer dran bleibt und sich für ihre Welt interessiert, wird belohnt. Auf zauberhafte Art und Weise wird eine kleine Episode über Frauen verschiedener Generationen und deren gegenseitige Unterstützung erzählt und damit gleichzeitig auf humorvolle Art und Weise die Geschichte der Selbstbestimmung der Frau. Großes Kino!“
Viola Lippmann zufolge „überzeugten beide Filme durch ihre gut durchdachten Geschichten und sehr genau beobachteten zwischenmenschlichen Beziehungen. Dies ergänzt durch überzeugende Schauspieler*innen und überraschende Momente, ließ unsere Herzen für Kurzfilme höherschlagen.“ Kann es ein schöneres Fazit geben?
21. dresdner schmalfilmtage
Beim Internationalen Found Footage Wettbewerb der dresdner schmalfilmtage ging der vom Filmverband Sachsen gestiftete Hauptpreis an den Film „Der Schönste Tag In Deinem Leben“ von Philipp Rirsch „für die Entdeckung und Neuinterpretation eines wunderschönen, gefundenen Materials, wobei er das archaische Schwarz-Weiß in Bezug auf die Stille respektiert. Rirsch belebt es durch eine neue rhythmische Struktur und betont dessen sensiblen Inhalt – die Situation der Frauen in der Gesellschaft des 20. Jahrhunderts, die auch heute noch Grund zur Sorge bietet“, lautete die Begründung der internationalen Jury bestehend aus: Anne Gaschütz (Co-Festivalleiterin Filmfest Dresden, DE), Luc Bourdon (Videofilmer und Filmemacher, CA) und Csaba Bollók (Filmemacherin und ständige Dozentin an der Eszterházy Károly University, HU). Dotiert ist der Preis mit 300,- €. Als besonderes Schmankerl ist zu bemerken, dass Rirsch als Österreicher einen FIlm einreichte, dessen Originalmaterial laut Beschriftung der Filmrolle aus der Umgebung von Dresden stammen soll. Doch nicht nur die Jury überzeugte der Film, auch das Online-Publikum, das per Livestream die Veranstaltung verfolgte, kürte ihn zu seinem Favoriten.


Der zweite Preis ging an den Film „THE TEMPLE OF TRUTH“ von Giuseppe Boccassini „für die komplexe Darstellung verschiedener destruktiver Elemente in unserer Welt, die von der Menschheit begangen oder von Naturkräften ausgelöst werden. Ein Film, der in der Tradition des impressionistischen Avantgardekinos gedreht wurde, für die Kraft seiner Bilder und die außergewöhnliche und ausgearbeitete Anwendung seines Soundtracks durch Alex Inglizian“, so die Jury.
Den ebenfalls vom Filmverband gestifteten Preis des Publikums vor Ort teilen sich gleich zwei Filme: „THE TEMPLE OF TRUTH“ von Giuseppe Boccassini und Werther Germondari „From Rimini with Love“.