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6. Juni 2018 // Nadine Faust


Dresdner Frauenprojekte zeigen die Filmreihe „Voices of Change“

100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland. Am 12. November 1918 fordert der Rat der Volksbeauftragten, die höchste Regierungsgewalt während des Übergangs vom Kaiserreich zur Weimarer Republik: „Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht aufgrund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen.“ Am 30. November desselben Jahres wird die Verordnung über die Wahlen zur verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung gesetzlich verankert, die Wahlen finden am 19. Januar 1919 statt. 300 Frauen kandidieren. 37 von 423 Abgeordneten sind schließlich weiblich.

Doch wie sieht die politische Teilhabe von Frauen 100 Jahre nach diesen Geschehnissen aus – und das auch fernab der deutschen Grenzen? Diese Frage stellte sich die Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt Dresden, Dr. Alexandra-Kathrin Stanislaw-Kemenah, zusammen mit dem Frauenstadtarchiv Dresden. Zur Beantwortung haben sie gemeinsam mit dem Landesfrauenrat Sachsen e. V., dem *sowieso* Frauen für Frauen e. V. und der Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der TU Dresden eine Veranstaltungsreihe konzipiert, die „Voices of Change“. Bis Ende des Jahres wird diese Filmreihe verschiedene Facetten des Themas beleuchten.

Die Organisatorinnen* zeigen in der Blauen Fabrik am Neustädter Bahnhof beispielsweise den Film „Die göttliche Ordnung“ von Petra Volpe. Er thematisiert die Geschehnisse um die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz, die erst 1971 erfolgte – im Kanton Appenzell Innerrhoden sogar erst 1990. Auch der Film „Rosa Luxemburg“ von Margarethe von Trotta ist dabei. Als Aufführungsort haben sich die Veranstalterinnen* hierfür die Gedenkstätte Bautzner Straße ausgesucht – ein politisch aufgeladener und instrumentalisierter Ort, der dem Film so eine weitere Bedeutungsebene hinzufügt, wie Susanne Salzmann erklärt. Sie ist eine von zwei Projektmitarbeiterinnen* im Frauenstadtarchiv Dresden, das eins von vier Projekten des FrauenBildungsHaus Dresden e. V. ist.

Gegründet wurde das Archiv 1995 jedoch unter dem Dach des Vereins zur Erforschung der Dresdner Frauengeschichte. 2003 ging das Projekt an das FrauenBildungsHaus über, die Archivalien werden im Dresdner Stadtarchiv gelagert, gepflegt, verwaltet und bereitgestellt. Auch ein Teil der Veranstaltungen des Frauenstadtarchivs findet dort statt.

Die Filme „Forbidden Voices“ und „Casablanca Calling“ der „Voices of Change“-Reihe, beide Dresden-Premieren, werden allerdings im Zentralwerk beziehungsweise im Rahmen des Move-it!-Filmfestivals gezeigt. Das Zentralwerk steht wie „Forbidden Voices“ für das Leben in Diktaturen: Sei es in Nazideutschland oder auf Kuba, im Iran und in China.

„Casablanca Calling“ wird bei dem Dresdner Festival für Menschenrechte und Entwicklung von einer stillen Revolution in Marokko berichten, bei der sich Frauen zu spirituellen Führerinnen entwickeln.

„Da in Sachsen eine besonders kontroverse Stimmung vorherrscht, wollen wir Frauen* dazu ermutigen, sich einzumischen beziehungsweise auch heute wieder die Stimme zu erheben, um einen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Daher auch der Titel ‚Voices of Change‘“, erzählt Susanne Seifert. Sie ist für die Öffentlichkeits- und Kulturarbeit bei *sowieso* zuständig und kuratiert unter anderem die Dresdner Frauen*kurzfilmnacht, die seit 2012 jährlich zum Frauentag im Filmtheater Schauburg gastiert. Auch die Kurzfilmreihe KLARSICHT_STREIFEN im Rahmen der Diversity Tage an der TU Dresden verantwortet sie. Zudem wird sie die Kurzfilme für die letzte Veranstaltung von „Voices of Change“ auswählen. Am 21. Dezember, dem Kurzfilmtag, wird das Programm „Loud’n’Proud“ in den Räumen des *sowieso* den Abschluss der Reihe bilden.

Den Frauen* war es bei der Konzeption der Veranstaltungsreihe wichtig, dass die Filme an verschiedenen Orten in Dresden aufgeführt werden, um überall in der Stadt Präsenz zu zeigen und mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Deswegen ist jede Vorführung auch in künstlerische Aktionen, Filmeinführungen oder Moderationen eingebunden. Sensibilisierung, Aufklärung und Diskussion seien immer noch nötig, sagt Susanne Seifert. Das zeige schon die hohe Anzahl an informellen Gruppen in Dresden, die sich Frauen- und angrenzenden Themen widmen.

Dennoch ist die Situation in Dresden eine besondere, den Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Land sei Dank. Neben FrauenBildungsHaus und *sowieso* haben sich Frauenschutzhaus, Frauenförderwerk, Kreative Werkstatt und das Frauen- und Mädchengesundheitszentrum MEDEA zum Verbund Dresdner Frauenprojekte zusammengefunden. Susanne Seifert und Suanne Salzmann wollen nicht von Konkurrenz unter den einzelnen Institutionen sprechen, jedoch kommt die finanzielle Unterstützung aus den gleichen Töpfen. Die einzelnen Projekte hätten aber auch Alleinstellungsmerkmale. Das Frauenstadtarchiv mit seinen Archivalien zum Beispiel. Darunter seien Dokumentarfilme der DEFA wie „Winter adé“ von Helke Misselwitz, erzählt Susanne Salzmann. Der älteste Film im Archiv sei von 1981, Material über die Semperoper-Restauratorin Aini Teufel ist dabei. Einige der rund 30 Filme dürfen nicht gezeigt werden, denn nicht jede Frau will eine Veröffentlichung zu Lebzeiten. Schätze, die womöglich später einmal zur Aufführung kommen werden.


Filmreihe „Voices of Change“
15. 08. 2018, Blaue Fabrik: „Die göttliche Ordnung“
19. 09. 2018, Gedenkstätte Bautzner Straße: „Rosa Luxemburg“
17 .10. 2018, Zentralwerk: „Forbidden Voices“
12. 11. 2018, Move-it!-Filmfestival: „Casablanca Calling“


Frauenstadtarchiv

*sowieso* Frauen für Frauen e.V.


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