22. Januar 2019 // Stephan Zwerenz
Kultur fair finanzieren

Gestern traf sich das offene und spartenübergreifende „Netzwerk Kultur Dresden“, um ein Stimmungsbild der freien Kulturszene in der Landeshauptstadt einzufangen. Doch auch mit Blick auf die bevorstehenden Landtags- und Stadtratswahlen sah dieses Bild eher düster aus. Kulturschaffende aus allen Bereichen haben nach wie vor große Mängel in der finanziellen Förderung ihrer Arbeit zu verzeichnen. Viele fühlten sich ausgebrannt oder gehemmt von den bürokratischen Hürden in Stadtverwaltung und -regierung.
Während einige geförderte Initiativen sich wünschen würden, tarifgerechte Löhne zu bekommen, sei es in den meisten Initiativen fast schon normal, dass sie schlecht oder gar nicht bezahlt werden. Das Ehrenamt wird als Selbstverständlichkeit angenommen und daher von vielen stillschweigend akzeptiert. Selbst wenn Verwaltung und Politik das kulturelle Angebot der Stadt loben und auch damit werben, ändere sich seit Jahren nicht viel an den Kulturausgaben. „Wenn man die Gehälter auf Förderanträgen realistisch angeben würde, wäre man als Verein der Gefahr ausgesetzt, dass Anträge sofort abgelehnt würden“, hieß es von einer der Anwesenden.
Vielfach wurde deshalb auch ein Perspektivwechsel gefordert. Julius Skowronek vom „Projekttheater Dresden“ drückte sich daher so aus: „Wir wollen uns nicht fördern lassen. Die Stadt muss vielmehr ihrer Pflicht nachgehen und uns Bedarfsmittel zur Verfügung stellen, die wir in Zahlung stellen.“ Es sei vor allem deshalb so mühselig durch die Ämter zu gehen und die Stadtpolitik zum Umdenken und vor allem zum Handeln zu bewegen, weil das Kulturverständnis in den Behörden nicht mehr mit der Lebensweltlichkeit übereinstimme. Jana Betscher vom „Netzwerk Kultur“ kritisierte, dass Kulturarbeiterinnen, vor allem in der freien Szene, immer noch so behandelt würden wie in einem feudalistischen System. Kulturschaffende werden betrachtet wie Bittsteller, die ein Luxusgut ohne Mehrwert erzeugen und mit dem sich die Herrscher schmücken können. Dass aber gerade eine lebendige und facettenreiche Kulturlandschaft zahlreiche wirtschaftliche und politische Interessen unterstützt oder sogar erst ermöglicht, wird meist vergessen.
Magnus Hecht vom „Netzwerk Kultur“ sieht in der Kultur gar ein Potential, mit der die Politik endlich wieder eine gemeinsame Richtung einschlagen könne; sinnvoll und notwendig vor allem in einer Zeit, in der sich die Stadt Dresden im Prozess der Kulturhauptstadtbewerbung befinde. „Woran soll sich Stadtpolitik orientieren? Es gibt hier etliche verschiedene Arbeitsfelder, die in ihrer Bearbeitung meist nicht miteinander verschränkt werden.“ Es brauche also eine Richtung und die könne durchaus mit Hilfe der Kultur eingeschlagen oder zumindest durch sie unterstützt werden.
Trotz der großen Defizite kam aber auch immer wieder der Wunsch nach positiven Zukunftsentwürfen auf. Schließlich könne nur auf Grundlage von Handlungsmodellen die Gesellschaft nachhaltig verändert werden.
Das „Netzwerk Kultur Dresden“ wurde 2014 unter dem Motto „Kultur fair finanzieren“ gegründet, um sich gemeinsam für gerechte Arbeitsbedingungen in allen Sparten der Kulturbranche einzusetzen.
Weitere Informationen unter:
www.netzwerk-kultur-dresden.de
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